Nach dem totalen Zusammenbruch der staatlichen Ordnung, dem Schwinden der sittlichen und religiösen Werte, angesichts der Armut und Hungersnot in der Bevölkerung, der zerbombten Häuser und Wohnungen und des kaum mehr zu steuernden Stromes von Flüchtlingen und Vertriebenen und mit einer gewissen Argwohn gegenüber der amerikanischen Besatzungsmacht machten sich die Übriggebliebenen daran, für eine bessere Zukunft zu arbeiten. So war es auch in Kirchseeon.
Die politische Gemeinde hieß nun auch seit 1939 „Kirchseeon“; die ursprünglichen Gemeindegebiete von Ebersberg und Moosach waren nun eingemeindet. Auch die katholische Kirche St. Joseph wurde zur Pfarrei erhoben und Alois Antholzner 1946 zum Pfarrer ernannt. Die Grenzen der heutigen Pfarrei wurden jedoch erst später festgelegt.
Nun galt es zunächst für jeden einzelnen, seinen persönlichen Bedürfnissen nachzukommen: Grundnahrungsmittel, ein Arbeitsplatz, eine ausreichende Wohnung, ein Fahrrad, usw. - doch viele Wünsche blieben zunächst unerfüllbar. Aber dann kam die Währungsreform. Das neue Geld war wenig – aber wertvoll. 40 DM „Kopfgeld“ gab es am 20.Juni 1948 pro Person. Und es ging wieder bergauf. Auch das gesellschaftliche Leben begann sich wieder zu regen.
Das religiöse Leben in Kirchseeon war ebenfalls wieder ohne Unterdrückung und Beeinträchtigung möglich. Pfarrer Antholzner sorgte sich neben der Seelsorge zunächst um die Beseitigung der Kriegsschäden an der Pfarrkirche und erwies sich dann in der Folgezeit auch als tüchtiger Baumeister. Zur Seite stand ihm dabei der nunmehrige Architekt Konrad Hollerieth, der die Kriegsjahre an der Front überlebt hatte.
Erstmals hatte die Pfarrei 1947 in Alfons Hessenhofer auch einen Kaplan bekommen. Dieser war der Motor für die Wiedererstehung der Kolpingsfamilie.
In der Vereinschronik heißt es dazu u.a.:
„Nach langjähriger Unterbrechung wurde die Kolpingsfamilie Kirchseeon am 12. Dez. 1948 wieder ins Leben gerufen. Der Geist Vater Kolpings ist wieder erwacht. Des verdanken wir hauptsächlich unserem H.H. Präses Hessenhofer, welcher in unermüdlichem Fleiß den Grundstein dazu schuf. Am obigen Datum eröffnete H.H. Bezirkspräses Maier mit einem Vortrag über das Leben Vater Kolpings die Aufnahmefeier, in welcher sich siebzehn kath. Gesellen für Vater Kolping verpflichteten, deren Namen ich jetzt aufführe:
Alfons Bauer, Franz Bauer, Helmut Bauer, Franz Farga, Zeno Heinrich, Anton Hieber, Johann Höß, Anton Kleingütl, Willy Lechleitner, Josef Kraus, Max Miethaner, Johann Niedermeier, Johann Pritschet, Alois Spitzl, Konrad Sterr, Georg Storfner, Stefan Swidriw.
Erfreulicherweise haben sich auch vier alte Mitglieder zur Patenschaft eingefunden: Alois Birner, Johann Maierhofer, Franz Wust, Ludwig Osiander.
Mit dem Lied Kolpings Grab war die Aufnahmefeier beendet. ...
Schriftführer Helmut Bauer„
In der Folgezeit kam der Verein schnell wieder zu Blüte und Ansehen in der Bevölkerung. Dazu trugen vor allem die Theateraufführungen im „Gasthaus zur Post“ bei. Aber auch die religiöse Betätigung der Kolpingsöhne und ihre Mitwirkung bei der Gottesdienstgestaltung fanden große Anerkennung.
Doch bald war der Versammlungsraum im Nebenzimmer des Gasthauses nicht mehr ausreichend und man dachte insgeheim an einen eigenen Versammlungsraum.