1952 – Bau des Kolpingheimes

In Kaplan Anton Wolfgruber, der seit 1950 Präses der Kolpingsfamilie war, fand man einen starken Befürworter für den Bau eines Kolpingheimes. Erstmals am 12.12.1951 wurde in der Chronik darüber berichtet. Doch die Aktivitäten waren bereits in vollem Gange. Bereits Anfang Januar 1952 hatte Konrad Hollerieth einen Bauplan erstellt. Dazu hatte er ein komplettes Kostenangebot ausgearbeitet, aus dem sich eine Gesamtsumme von 9944,50 DM ergab. Nachdem die Gemeinde Kirchseeon als Ortspolizeibehörde am 11.März 1952 keine Einwendung erhoben hat und auch das Landratsamt Ebersberg am 30. Mai 1952 der Planung zugestimmt hatte, stand eigentlich nichts mehr im Wege. Bis auf die Finanzierung ??? Doch hören wir dazu den ehemaligen Präses:

 

„Kirchseeon, November 1952.

Gott segne das ehrbare Handwerk und alle ehrbaren Handwerker!

Eine längere Lücke in den Eintragungen der wöchentlichen Versammlungen ist entstanden. Der nachfolgende Bericht gibt Aufschluß über deren berechtigten Grund. Wir haben im vergangenen Sommer mehr gearbeitet als geredet.

Schon lange war es  ungemütlich und zu eng im kleinen Nebenzimmer des Gasthauses zur Post; immer lauter wurde der Wunsch nach einem eigenen Heim in dem wir uns versammeln können wie wir es wollen. Und als wir dann einigemale im Herbst 1951 wirklich nicht mehr Platz hatten, wurde der Wunsch ausgesprochen bauen zu dürfen. Es kostete langes Kopfzerbrechen bis wir uns im klaren waren über den Platz. Als wir uns dann einig waren über den Platz und die Erlaubnis hatten neben der Kirche auf Kirchengrund zu bauen, da kam für mich als Präses die entscheidungsvolle Stunde ob wir es wirklich riskieren können oder nicht. Ich stellte die Frage: seid Ihr bereit soviel als möglich selbst zu arbeiten, wenn ich meinerseits alles tun werde den Papierkrieg zu führen und Baumittel zu betteln? Als ich dann das feste Ja-Wort erhielt ging ich selbst sofort daran Holz zu betteln. Aus Dankbarkeit für ihre Hilfe und daß die Jugend von Kirchseeon allzeit wisse wer uns geholfen hat, möchte ich hier alle aufführen die uns Baumaterial geschenkt haben:

Frau Hechtl Kirchseeon circa 1 cbm, H. Schafbauer Kirchseeon-Dorf 4 qm Bretter, H. Baron Kirchseeon-Dorf, H. Wallner Kirchseeon (2 Stämme), H. Peiß Riedering, H. Liesch Verwalter – Staatsgut (3 Stämme), Fam. Lipp Ilching, Fam. Höher (3 Stämme), Fam. Kraus Kirchseeon (2 Stämme), Fam. Pröbstl Forstseeon, Fam. Steinhoff Forstseeon, H. Höher Forstseeon, H. Kistler Ilching (1 cbm), H. Birner Eglharting 13 Sparren, H. Wallner Buch, H. Drax Forstseeon, H. Ohlberger Hubert 1 cbm, H. Obermeier Berghofen.

Von Jakob Maier Glasermeister in Kirchseeon erhielten wir das nötige Glas. Kies stellte uns kostenlos zur Verfügung H. Verwalter Liesch und Herr Schuler von Fürmoosen. Von der Ziegelei Schwarz Kastl bei Altötting erhielten wir 2200 Stck Ziegelsteine, die uns H. Litzlfelder kostenlos anfuhr. Vom Mütterverein Kirchseeon erhielten wir die Vorhänge und von Frau Heckl 25 Stühle zur Inneneinrichtung.

Trotzdem wir schon viel bekommen hatten, und wir selbst viel Arbeit leisten wollten fehlte uns nach Anfertigung eines Bauplanes und nach Aufstellung eines Finanzierungsplanes durch Herrn Architekten Konrad Hollerieth  (das Heim wurde auf 10.000.- DM angeschlagen) ein Betrag von circa 4 000.- DM. In der großen Not wandte ich mich zunächst mündlich, dann mit einem Gesuch an H. Bürgermeister Heinrich Egger und die Gemeinderäte von Kirchseeon mit der Bitte um einen Zuschuß von 2 000.-DM, der uns schon bei der nächsten Gemeinderatssitzung dank der warmen Befürwortung durch H. Bürgermeister und das verständnisvolle Entgegenkommen aller Herren Gemeinderäte genehmigt wurde. Die Jugend von Kirchseeon wird sich dieser Wohltat von seiten der Gemeinde immer bewußt bleiben und sich dankbar zeigen. Herr Bürgermeister vermittelte uns vom Kreisrat Ebersberg weiterhin eine Spende von 400.-DM. Und als uns dann noch das Erzbischöfliche Ordinariat unterstützte mit einer Spende von 1 000.-DM (als Ersatz für Abbruchmaterial des ursprünglich versprochenen Ökonomiestadels Albaching), da war die Finanzierung soweit gesichert daß wir leicht unter Dach kommen konnten. So gingen die Burschen am 26. April 1952 daran, in der Staatsgut-Kiesgrube Sand zu werfen. Der 1. Großeinsatztag war der 1. Mai 1952 vormittags, an dem circa 12 cbm Sand geworfen wurden, am 3. Mai wurde der Sand angefahren und zugleich ein Großteil des Holzes zusammengefahren.

Am 17. Mai nachm. entstanden die ersten Bausteine (die Maschine dazu stellte uns H. Hollerieth zur Verfügung). Am 9. Juni war die notwendige Menge Steine hergestellt, sie werden ewig halten, denn die meisten klopfte unser unermüdlicher Decker Hans u. Feicht Hans und würzten sie mit gesundem Humor.

Inzwischen wurde am 7. Juni bereits das gesamte Bauholz in der Säge von H. Kern kostenlos geschnitten. Nach langem Warten erschien endlich am 14. Juni der Forstamt-Bagger und hob uns den Keller aus. Fahrzeuge von Kraus, Pröbstl, Staatsgut und Litzlfelder führten das Material auf den Bauplatz der Turnhalle. Am 21. Juni konnte dann begonnen werden mit dem Ausschalen des Kellers.

Ein schwerer Tag war dann der 28. Juni an dem die ganzen Kellerwände betoniert wurden, am 7 Juli bekam der Keller seine Decke und am 19. Juli wurde fast ganz aufgemauert. Am 2. August (schon um 4 Uhr früh begannen die fleißigen Burschen) wurde unter Leitung von Bauer Franz, unserem Senior, aufgestellt und der Boschen auf den Giebel gesetzt. Die ganze Zimmermannsarbeit leistete Bauer Franz selbständig und hat damit ein Zeugnis seines Könnens abgelegt. Mit großer Neugierde wurde alle Sonntage das Wachsen des Baues von der Bevölkerung verfolgt. Am 20. Aug. was das Dach gedeckt und nun ging es daran, das Heim im Inneren auszustatten und bezugsfähig zu machen.

In einer Vorstandssitzung wurde die Innenausstattung des Raumes beschlossen, wie sie ausgeführt wurde. Die Schreiner-Arbeiten berechnete Pimpl Erich u. unter seiner Leitung wurden die Arbeiten geleistet. Es wurden 6 Tische, die Wandvertäfelung, die Garderobe und größere Reparaturen an den (vom Forstamt Eglharting geschenkten) Fensterstöcken selbst hergestellt; die Maschinenarbeiten konnten im Schwellenwerk erledigt werden. Die übrigen Schreinerarbeiten fertigte Herr Weiß von Eglharting an u. zwar in kürzester Zeit. Im Heim standen 2 Hobelbänke und daran leisteten wichtige Mithilfe: Decker Hans, Miethaner Sepp, Kamereck Hans, Schwab Bruno, Appold Albert, Baumann Martin.  Die elektrische Anlage legte Lerch Franz mit Bugar Rudi und zeitweiliger Mithilfe von Kohl Edmund. Nebenbei gab es noch große Arbeiten am Heim außen zu leisten, die unser Senior in erster Linie leitete: Abortgrube, Kellertreppe und –boden und Eingangsstufen; dazu die Beseitigung von Schutt, andrerseits das Herbringen von Kies.

Bei diesen Arbeiten leisteten folgende Familienmitglieder viel Arbeit: Bauer Alfons, Miethaner Max, Dambor Erich, Gold Walter, Kohl Edmund, Pimpl Josef, Hofer Ludwig, Hieber Anton, Kowarz Franz, Wagner Heinrich, Hundseder Ferdinand und von Altkolping bes. Maierhofer Hans, Osiander Ludwig u. Wiesheu Karl und nicht zu vergessen Birner Alois, der uns oft mit seinem Fuhrwerk ein Retter in der Not war, ebenso Hieber Toni von Kirchseeon-Dorf. Außer den schon genannten haben viel mitgeholfen: Bräutigam Georg, Feicht Hans, Schierl Werner, Pielmeier Georg, Schröder Adolf, Sedlbauer Josef, Sterr Ludwig, Strobel Sepp, Meier Martin, Bettinger Sepp, Fuchs Oswald, Kamereck Konrad, Baumann Martin, Wagner Ernstl.

Unter Zusammenhilfe aller – auch der Mädchen – ist es schließlich dann, wenn auch schwer (oft wurde bis abends 10 h betoniert und die Schreiner arbeiteten oft bis 12 h und darüber hinaus) doch gelungen am 25. Oktober dem Heim innen und außen den letzten Schliff zu verleihen für die Einweihung, die am 26. Oktober vorgenommen wurde.

Stadtpfarrer Maierhofer, H.H. Dekanatsjugendseelsorger Faßenauer, Ebersberg, H.H. Kaplan Joh. Braun, Glonn jeweils mit einem großen Teil ihrer Jugend. Im ganzen waren 8 Banner anwesend. Nach feierlichem Einzug in die volle Kirche war zunächst Bannerweihe von Kirchseeon-Dorf, dann hielt H.H. Monsignore Roman Friesinger, Landessekretär der Kolpingsfamilie eine begeisternde Predigt. (Das Reich Christi soll in uns lebendig werden, das Reich der Wahrheit, der Gerechtigkeit und Liebe). Nach seiner Christkönigsandacht zog der Klerus mit den Bannern ins neue Heim. Die Mädel sangen im Heim den Kanon: „lobet und preiset ihr Völker den Herrn“. Es folgte die Weihe durch H.H. Landespräses, dann das Bannerlied der Kolpingsfamilie. An der Haustür des Heimes gab H.H. Pfarrer Antholzner kurzen geschichtlichen Aufriß über den Bau des Heimes u. dankte allen Wohltätern. Mit dem Lied „Wir sind deine Jugend“ schloß die Feier. Von 5h bis6h widmete sich H. Landespräses nochmals unserer Jugend u. erzählte von seinen Erlebnissen im verflossenen Jahr. Ich fand dabei Gelegenheit ihm im Namen der Jugend zu danken für seine Spende von 300.- DM und für seine Mühe zu uns zu kommen u. uns den Tag so feierlich zu gestalten.

NB: Ich fühlte mich aus Dankbarkeit allen die so tapfer mitgearbeitet gegenüber verpflichtet in dieses Buch einen genauen Bericht, wenn auch ganz nüchtern, niederzulegen. Es war ein Risiko anzufangen, nachdem es schon 2x gescheitert war. Aber ich habe es gewagt im Vertrauen auf den Herrgott, im Vertrauen auf die Mutter Gottes unter deren Schutz wir alle stehen. Ich darf nicht vergessen einen Dank an den Herrgott anzuknüpfen, der uns sichtlich seinen Segen sooft gegeben; und einen Dank an die Mutter Gottes auszusprechen, die durch soviel Hilfe manches gelingen ließ, was oft furchtbar schwer erschien. Möge der Segen Gottes auf die mütterliche Fürsprache jetzt erst recht weiterfließen, daß keine Mühe umsonst war, dass keiner einmal verloren gehe, die mitgeholfen haben durch Arbeit und Spenden, daß das Heim eine Pflanzstätte des Guten und der Gnade werde für alle, die darin aus- und eingehen. Deshalb wurde es gebaut, darum will ich beten und segnen.

Anton  Wolfgruber,
Kaplan, Präses“

Nun war also das Werk vollbracht. Aus den abschließenden Worten von Präses Wolfgruber kann man fühlen, wie wohl ihm zumute war, daß es endlich geschafft war. Wenn man sich vor Augen führt, daß alle Arbeiten in Eigenleistung im Verein erbracht wurden und dies alles innerhalb eines halben Jahres geschah, so kann man heute noch mit Stolz auf dieses Werk schauen. Alle Beteiligten und vor allem Präses Anton Wolfgruber haben sich damit für die Kolpingsfamilie Kirchseeon verdient gemacht.

Wer heute im Kolpingheim die Spuren der Vergangenheit sucht – sie sind noch weitgehend erhalten. Doch vieles wurde auch im Laufe der letzten 50 Jahre erneuert und verbessert: Heizung, sanitäre Anlagen, Küche, Fenster,  Fußboden, Inneneinrichtung, Deckenisolierung, Außenputz, Dacherneuerung, um nur die wesentlichsten Änderungen zu erwähnen. Die letzte umfangreiche Außensanierung wurde 1993 zusammen mit dem Einbau der neuen Kirchenheizung von der Kirchenverwaltung unter Pfarrer Kurt Winter vorgenommen. Für die teilweise Erneuerung der Innenausstattung engagierte sich dabei besonders der damalige Vorsitzende Walter Gold. Neben den finanziellen Leistungen der Kirchenverwaltung und der Kolpingsfamilie wurde auch dabei vieles in Eigenleistung durchgeführt, was vor allem immer wieder dem Engagement der jeweiligen Vorstandschaft und vielen freiwilligen Helfern zuzuschreiben war.

Seit 50 Jahren haben Kolpingmitglieder und Gäste im Kolpingheim ein gemütliches „Zuhause“ gefunden. Mögen noch vielen Nachkommenden schöne Stunden in diesem Raume beschieden sein.

 

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